GasDet - Entwicklung neuartiger gasgefüllter Detektoren

Gasgefüllte Teilchendetektoren werden seit mehr als 100 Jahren verwendet, um die kleinsten Bausteine unsere Materie zu erforschen. Dank neuer Materialien und technologischer Prozesse sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Verbesserungen und Fortschritten im Detektorbau erzielt worden. Hierdurch konnte die Leistung der Detektoren deutlich verbessert und an die physikalisch möglichen Grenzen gebracht werden. Unsere Gruppe konzentriert sich auf die Entwicklung der GridPixdetektoren, die aus einer Kombination eines hochauflösenden Pixelauslesechips mit einer Gasverstärkungsstufe bestehen. Diese Detektoren können einzelne primäre Elektronen im Gasvolumen nachweisen und dadurch bisher unerreichte Orts-, Zeit- und Energieauflösungen erzielen (weitere Informationen siehe unter 'Generische Detektorentwicklung'). Diese Detektoren setzen wir in einigen Anwendungen ein und nutzen ihre besonderen Eigenschaften in Experimenten.

ILC
© Rey.Hori/KEK

Der International Linear Collider (ILC) ist ein Beschleunigerprojekt, das in Japan diskutiert wird. An ihm sollen Elektronen und Positronen auf eine Schwerpunktsenergie zwischen 250 GeV und 1 TeV beschleunigt werden, um Präzisionsmessung von Z/W-Bosonen, top-Quarks und Higgs-Bosonen durchführen zu können. Unsere Gruppe ist an einem der Experimente beteiligt und trägt zur Entwicklung einer zentralen Spurkammer bei. Dieser als Zeitprojektionskammer (engl. TPC) bezeichneter Detektor ist aufgrund seiner hohen Effizient, seiner hervorragenden Energieauflösung und der geringen Materialbelegung eine ideale Spukammer. Ihre Eigenschaften können durch die Verwendung von GridPix-Detektoren zur Signalauslese noch einmal deutlich verbessert werden.

Neutrondetektor
© Pal / Universität Bonn

Neutronen haben aufgrund ihrer fehlenden elektrischen Ladung z.T. komplementäre Eigenschaften zu anderen Materiebausteinen wie Elektronen oder Protonen. Sie können unsere Materie deutlich leichter durchdringen und helfen das Innere von Objekten darzustellen. Deshalb werden sie unter anderem in Streuexperimenten oder in der Bildgebung benutzt, um Objekte, die nicht mit Röntgen- oder Gammaphotonen durchdrungen werden können oder keine Kontrast liefern, zu untersuchen. Der Nachweis von Neutronen und ihre Ortsbestimmung ist allerdings deutlich schwieriger als bei anderen Teilchen und erfordert spezielle Atome, die die Neutronen einfangen und anschließend zerfallen. Wir entwickeln drei verschiedene Detektoren für die genaue Vermessung der Konversionsorte.

Polarimetry
© Gruber / Universität Bonn

Polarisation ist neben der Farbe und Intensität eine weitere Eigenschaft von Licht und kann genutzt werden, um entweder Kenntnisse über die physikalischen Vorgänge in der Lichtquelle oder die physikalischen Prozesse beim Streuvorgang an einem Objekt zu erhalten. Während die Polarisation im optischen Bereich gelegentlich sogar industrielle Anwendungen findet, ist die Polarisation von Röntgenphotonen bisher technisch fast nicht zugänglich gewesen und findet daher sogar in der Forschung kaum Anwendungen. Basierend auf GridPix-Prinzip entwickeln wir daher einen Polarisationsdetektor für Röntgenstrahlung, der dann sowohl in der Materialforschung als auch in der astrophysikalischen Forschung auf Satelliten eingesetzt werden kann.

GridPix
© Fraunhofer IZM

Die Anforderungen an die Detektoren werden in künftigen Experimenten weiter steigen. Deshalb ist eine stetige Weiterentwicklung der Detektoren notwendig, um die künftigen Herausforderungen auch bewältigen zu können. Beispielsweise werden die Anforderungen an die Ratenverträglichkeit und eine verbesserte Zeitauflösung bei zukünftigen Experimenten eine wichtige Rolle spielen. Wir versuchen deshalb limitierenden Eigenschaften unserer momentanen Detektoren zu verstehen und verbesserte Detektoren zu entwickeln. Unser Hauptaugenmerk richtet sich dabei auf die GridPix-Detektoren, die wir mit Hilfe von photolithographischen Prozessen in den Reinräumen des Forschungsbaus Technologiezentrum Detektorbau (FTD) herstellen werden. Zusätzlich experimentieren wir aber auch mit völlig neuen Detektorkonzepten, neuen Materialien oder Auslesen.

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© Gruber / Universität Bonn

Für die Steuerung und die Auslese unserer Detektoren werden an die Anwendung und an die Detektorchips angepasste Elektronik und Programme benötigt. Dafür entwickeln wir eigene Hardware, Software und Firmware und stellen diese anderen Forschungsgruppen und Kollaborationspartnern zur Verfügung. Aktuell entwickeln und unterstützen wir Systeme für Detektoren mit Timepix3, VMM und Timepix Chips. Weiterhin arbeiten wir an Möglichkeiten für Echtzeit-Datenanalyse und -Datenreduktion im Auslesesystem. Darüber hinaus entwickeln wir weitere Steuerungs- und Kontrollsysteme die zum Betrieb unserer Detektoren benötigt werden. Dazu gehören ein Gassystem, das für konstanten Gasfluss und -druck in den Detektoren sorgt und ein universales Überwachungssystem für Spannungen, Temperaturen und weitere Gasparameter. 

SchulTPC
© Kaminski / Universität Bonn

Aufgrund ihrer günstigen Herstellung und einfachen Visualisierung von physikalischen Vorgängen eignen sich gasgefüllte Detektoren auch als Beispieldetektoren in der Lehre sowohl an der Universität, der Schule und bei Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit. Um die unterschiedlichen Anwendungen abzudecken und die verschiedenen Funktionsprinzipien darzustellen, arbeiten wir an sehr unterschiedlichen Detektoren, die auch klassische Detektoren wie z.B. Drahtkammern, Funkenkammern oder Nebelkammern einschließen. In diesem Bereich stehen nicht nur die Detektoren selbst, sondern auch die didaktischen Konzepten, die zur Vermittlung der Nachweismethoden im Speziellen und der Teilchenphysik im Allgemeinen dienen, im Fokus.

Kollaborationen

Diese weltweite Kollaboration mit fast 90 Instituten widmet sich der Entwicklung mikrostrukturierter gasgefüllter Detektoren. Am CERN mit einem eigenen Labor und Teststrahlinfrastruktur ausgestattet arbeiten die Mitglieder an einer Vielzahl von verschiedenen Experimenten, tauschen Erfahrungen aus und entwickeln notwendige Systeme wie Ausleseelektronik, Gassysteme oder Simulationssoftware, die als gemeinsames Gut geteilt und in vielen Bereichen eingesetzt werden.

Die Medipixkollaborationen entwickeln die Medipix und Timepix-Auslese ASICs sowie die dazugehörenden Auslesesysteme. Der Einsatz dieser ASICs reicht von Teilchenphysikexperimenten wie LHCb und Messinstrumenten für Teilchenbeschleunigern, über Neutronendetektoren in der Bildgebung bis hin zu Röntgendetektoren in medizinischen Anwendungen.

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